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2.4 Lernfeld und Funktionsfeld

Für eine umfassende Evaluation und damit also auch den Transfer in die Praxis muß zwischen dem Lernfeld und dem Funktionsfeld unterschieden werden, da „nicht unbedingt (...) ein Erfolg im Lernfeld auch einen Erfolg im Funktionsfeld“ darstellt (Arnold/Krämer-Stürzl 1995, S.6).

Die tatsächlich angestrebten Ziele sind erst dann erreicht, wenn auch ein Transfer in den alltäglichen Arbeitsablauf stattgefunden hat. „Der Lernerfolg während einer Maßnahme sagt (...) nichts darüber aus, ob der Mitarbeiter die erworbenen Kenntnisse, Fertigkeiten oder Fähigkeiten später auch tatsächlich in der Praxis ein- bzw. umsetzen kann“ (Arnold/Krämer-Stürzl 1995, S.6). Was passiert also während und nach der Weiterbildung, und wie kann es im darauffolgenden „normalen“ Arbeitsleben aussehen? Zuerst soll die Weiterbildungsphase daraufhin durchleuchtet werden.

Während der Weiterbildung besteht oft eine Trennung des Teilnehmers von seiner normalen ‚Funktionsumgebung‘, damit die Weiterbildung bzw. das Lernen optimal ermöglicht wird. Diese Lernumgebung ist das sogenannte ‚Lernfeld‘. Hier steht genug Zeit zur Verfügung, bei Fehlern drohen keine Sanktionen, und es besteht Anleitung zur Weiterbildung.

Abb. 6: Lernfeld-Funktionsfeld-Dilema

Wie in Abbildung 2 gezeigt, (Reicherts et al. 1987, S.267) steht hierbei das Sollen, Können und Wollen im Vordergrund. Ohne Bedarf, also ohne Sollen wird keine Energie (egal ob vom Arbeitgeber oder Arbeitnehmer) in das Können investiert. Im Lernfeld wird zudem das Können vermittelt. Letzter und ausschlaggebender Punkt vor der Anwendung des Erlernten ist das Wollen. Wenn kein Wille zur Verhaltensänderung vorhanden ist, dann sind zwar die Bedingungen des Sollens und Könnens erfüllt, doch das Gelernte wird realiter nicht umgesetzt. Bei einer Evaluation im Lernfeld sollte also neben dem ‚Sollen‘ nicht nur das ‚Können‘ evaluiert werden, sondern auch das ‚Wollen‘, also die Motivation zur Umsetzung des Gelernten, die im Funktionsfeld zu einer Verhaltensänderung führt.

Wie weit ein Transfer des Gelernten in die Praxis stattgefunden hat, kann anhand einer Evaluation des Funktionsfeldes herausgefunden werden. Dabei muß aber, wie in Abbildung2 gezeigt wird, auch auf der Funktionsseite das ‚Wollen‘ und ‚Dürfen‘ berücksichtigt werden und nicht nur das ‚Umsetzen‘. Ansonsten kann fehlendes Umsetzen, also der Transfer-Erfolg, unter Umständen der Weiterbildung angelastet werden, obwohl die Ursache im Funktionsfeld liegt. Der Weitergebildete könnte zwar nun sein Verhalten ändern, darf aber nicht, weil alles beim alten geblieben ist und lieb gewonnene Abläufe nicht geändert werden. Reicherts et al. nennen als Beispiel eine Sekretärin, die zwar nach einer Schulung ihren Bereich optimieren könnte, dies aber nicht darf, weil ihr Chef sein Veto einlegt.

Der Teilnehmer eines Kurses spielt also eine Doppelrolle: Einerseits ist er Lernender im Lernfeld (pädagogisch-didaktische Dimension), andererseits ist er als Mitarbeiter im Funktionsfeld eingebettet (betriebsorganisatorische Dimension). Da beide Bereiche räumlich und zeitlich wie auch sozial von- einander abgekoppelt sind, entsteht für den Teilnehmer aus dieser Trennung u.U. ein Dilemma, das den nötigen Transfer problematisch macht (Reicherts et al. 1987, S.267).

Ein weiteres Problem bei der Evaluation sind sogenannte ‚weiche‘ Effekte, die in der Regel nicht gemessen werden können. Dazu gehören Veränderungen, die nicht exakt auf die Weiterbildung zurückgeführt werden können, auch wenn sie eventuell dadurch angeregt oder verstärkt wurden, z. B. ein geschärfter Blick für Probleme, höhere Motivation oder eine gestiegene Verantwortlichkeit. Solche Effekte lassen sich zum einen kaum in ‚harten‘ Zahlen ausdrücken und zum andern nicht genau einem Urheber zuordnen (Arnold/Krämer-Stürzl 1995, S.6).

Die in Tabelle 2 vorgestellten Instrumente werden eines besseren Überblicks wegen aufgeführt. Hier werden die Grundgedanken von Lernfeld und Funktionsfeld aufgegriffen, aber immer unter dem Fokus der Fragebogenerstellung.

Evaluierung im Lernfeld Evaluierung im Funktionsfeld
Prozeßbezogene Evaluierung:
  • Gespräche
  • Beobachtungen
  • Zwischentests, -prüfungen
  • Blitzlicht am Ende eines von mehreren Seminartagen
Ergebnisbezogene Evaluierung:
  • Befragungen
  • Berichte/Dokumentationen
  • Rollenspiele, Fallstudien, Planspiele
  • Abschlußtests, -prüfungen
  • sog. ‚Vereinbarungen‘ oder ‚Verträge‘, die der Teilnehmer am Ende des Seminars über die zu erreichenden Umsetzungsziele selbst anfertigt
  • Subjektive Meinungserhebung in Form von unstrukturierten oder strukturierten Interviews
  • Beobachtungen im Arbeitsfeld
  • Beurteilungsgespräche
  • Nachbetreuungsmaßnahmen
  • Gesamtbetriebliche Indikatoren, z. B. Krankheitsausfälle, Fluktuationsrate, Unfallquote, Zahl der Verbesserungsvorschläge
  • Workshops
  • Mitarbeitergespräche bzw. Fördergespräche
Tabelle 2: Instrumente der Evaluierung im Lernfeld und im Funktionsfeld (Arnold/Krämer-Stürzl 1995, S. 7)

Evaluierungsverfahren und Meßmethoden

Bei Reicherts et al. (1987, S. 277 f) findet man eine Einschätzung der Nützlichkeit verschiedener Evaluierungsverfahren, woraus in Tabelle 3 als Auszug Einschätzungen für den Fragebogen abgebildet sind. Dabei handelt es sich, wie Reicherts et al. betonen, keinesfalls um wissenschaftlich fundierte bzw. untersuchte Werte; vielmehr soll diese Auflistung als Anregung dienen.

Ansatzpunkte d. Kontrolle (Kriterien) Evaluierungsverfahren: Fragebogen
Lernfeld Lehrziele Praxisbezug +
Lehrziele Erreichung o
Lehrinhalte Praxisbezug o
Lehrinhalte Vermittlung +
Methodik +
Medien +
Lernverhalten +
Lehrverhalten +
Rahmenbedingungen o
Funktionsfeld Transferbereitschaft -
Vorgesetzte/Kollegen o
Zufriedenheitserfolg +
Organisationserfolg -
Investitionserfolg o

Legende:

++   sehr gut geeignet
+    eher geeignet
0    Vor- und Nachteile gleichen sich in etwa aus
-    weniger geeignet
- -  ungeeignet
Tabelle3: Kriterienorientierte Einschätzung des Eignungsgrades ausgewählter Evaluierungsverfahren (hier: Fragebogen) im Lernfeld und Funktionsfeld der betrieblichen Weiterbildung (Auszug aus Reicherts et al. 1987, S. 277 f, Tab. 1)